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Von Schlachtern und Bäckern im alten Lägerdorf (Eine Geschichte von Wilhelm Prieß, ca. 1910)

In früheren Jahren war es so, dass die umliegenden Ortschaften Rethwisch, Neuenbrook, Dägeling, Kronsmoor, Westermoor und Breitenberg von den Lägerdorfer Schlachtern mit Fleisch und Wurstwaren und von den Bäckern mit Brot und Backwaren versorgt wurden. Regelmäßig in der Woche an ein oder zwei Tagen fuhren die Schlachter und Bäckermeister mit ihren Fahrzeugen diese Ortschaften ab und versorgten ihre Kundschaft mit betreffenden Nahrungs- und Lebensmitteln. Gleichzeitig handelten dann dabei die Schlachter ihr Schlachtvieh und die Bäcker Eier, Butter und Geflügel ein. So herrschte an diesen Tagen in den betreffenden Ortschaften ein reger Handel und Wandel. Nach getaner Arbeit und der Versorgung der Kundschaft traf man sich noch gerne mit den Bauern in den verschiedenen Dorfwirtschaftschaften, wo dann noch ein fröhlicher Umtrunk gehalten oder auch ein zünftiger Skat gedroschen wurde. Diese Sitzungen dehnten sich je nach Lage der Dinge manchmal recht lange und vielfach sogar bis in die Nachtstunden hinein aus, und es wurde dabei auch sehr oft so manches Glas über den Durst getrunken. Was dabei dann so alles passieren konnte, werden wir im Verlaufe dieser Geschichte noch erfahren.
An Bäckern waren seinerzeit in Lägerdorf verschiedene Bäcker ansässig:
Fritz Arp, genannt "Fritz Galopp", weil er in früheren Jahren mit seiner Schiebkarre seine Kundschaft immer im Laufschritt bediente.
Dann Heinrich Cornelius, "Heinbäcker" genannt, der Nachfolger seiner Eltern Wilhelm und "Idabäckersch" war.  Adolf Kummernuß  im Mittelweg war ?.? Pepernöt.  Peter Lehse in der Bergstraße wurde kurz "Peterbäcker" genannt.
In früheren Jahren existierten dann auch noch die Bäckereien von Wilhelm Laß  in der Mühlenstraße und die Bäckerei von Carl Prüß in der Wilhelmstraße, später Bäckermeister Beuk. Bäckermeister Clausen kam dann erst in späteren Jahren nach Lägerdorf.

Die Schlachter zu damaliger Zeit waren: Claus Peters, Ecke Neue Schulstraße/Dorfstraße, später Wilhelm Dittmann, Hinrich Oelkers, Hermann Oelkers (später Siebrandt), Markus Glöyer an der Rethwischer Brücke, Johannes Hamdorf und Jakob Oelkers in der Rosenstraße sowie Hermann Fock in der Mühlenstraße.

Um ihre auswärtige Kundschaft nun regelmäßig mit den notwendigen Waren zu versorgen, mussten die Geschäftsleute von damals immer recht weite und beschwerliche Wege in Kauf nehmen. Sie wurden in alter Zeit zu Fuß zurückgelegt, indem die Waren auf Schieb- oder Handkarren verladen wurden. Die Schlachter trugen ihre Waren in großen hölzernen Mulden auf der Schulter. In späteren Jahren schafften sich die Schlachter dann extra stabil gebaute Fahrräder an, auf denen sie ihre Fleischmulden befestigten und damit über Land fuhren. Diesen Rädern folgten dann leichte Federfuhrwerke, mit denen sie auch gleichzeitig an Sonntagen Spazierfahrten unternehmen konnten.
Als der Bäckermeister Peter Lehse 1896 sein Haus und seine Bäckerei aufbaute, schaffte er sich für seine Überlandfahrten einen Brotkarren an, vor den er Ziehhunde spannte. Die Hunde aber waren schneller als "Peterbäcker", und weil er nun mit seinen kleinen kurzen Beinen nicht immer folgen konnte, setzte er sich auf seinen Karren und ließ sich mitziehen. Dies passte aber dem Tierschutzverein ganz und gar nicht und es wurde Peter verboten, sich fortan auf den Hundekarren zu setzen und darauf mitzufahren. Den ganzen Tag aber immerfort im Laufschritt mit den Hunden um die Wette zu laufen, das war wiederum nicht nach "Peterbäckers" Geschmack. Kurz entschlossen schaffte er sich nun einen Esel an. Mit diesem Tier aber wurde Peter gar nicht glücklich, denn der Esel hatte seinen Kopf für sich. Wenn Peter wollte, dann wollte der Esel nicht und war nicht von der Stelle zu bewegen, weder im Guten noch im Bösen. Wenn aber Peter mal etwas länger bei seiner Kundschaft verweilte und einen kleinen Klönschnack hielt, so passte das dem Esel nicht und er rannte mit dem Brotkarren davon. Peter hatte dann genug zu tun, um seinen komischen Esel wieder einzufangen.
So kehrte Peter eines Tages nach getaner Arbeit in Breitenberg - auf seiner letzten Station - im Aukrug in Kronsmoor ein. Dem Esel wurde sein Futter in der Pferdekrippe bereitet und Peter ging in die Gaststube. Dort waren noch einige Gäste anwesend und bald ließ man sich zu einem gemütlichen Skat häuslich nieder.
Als nun der Esel sein Futter genüsslich verzehrt hatte und Peter immer und immer noch nicht kam, wurde es dem Esel dort allein in der Durchfahrt zu langweilig. Er zerrte an dem Strick, mit dem man ihn festgebunden hatte, riss ihn durch und trollte nun befreit und recht eilig seinem heimatlichen Stall zu. Peter spielte nichtsahnend gemütlich seinen Skat weiter. Als der Esel nun an die scharfe Rechtskurve in Kronsmoor kam, kam ihm von der anderen Seite schnaufend und prustend die Dampfwalze entgegen. So ein Ungetüm war dem Esel völlig fremd. Er bäumte sich auf, schlug hinten aus und suchte in wilder Flucht das Weite. Die scharfe Kurve nahm er nicht richtig, der Karren kippte um, der Deckel flog auf und alle restlichen Brote, Stuten und Rundstücke schwammen in dem bereiten, vollen Wassergraben. Das Eselsgeschirr war gerissen und befreit von seiner Last rannte nun der Esel vergnügt und munter den heimatlichen Gefilden entgegen und freute sich, dass er der furchterregenden Gefahr entronnen war. Ein Radfahrer, der gerade des Weges kam, benachrichtigte Peter und holte ihn aus dem Aukrug, und der rannte nun hin und sah die Bescherung. Zunächst fischte er seine nassen Brote, Stuten und Rundstücke aus dem Wasser, dann waren auch schon einige Bauern und Knechte zur Stelle und mit vereinten Kräften wurde nun auch der Karren aus dem Wasser gezogen und wieder auf die Beine gestellt. Allerdings musste Peter sich nun selber vor sein Gefährt spannen und den Karren nach Hause ziehen. Als er dort schweißgebadet ankam, stand der Esel vergnügt und munter in seinem Stall, tat sich an dem Futter gütlich und mit einem "I-ah" tat er kund, dass er sich freue, dass sein Herr nun auch wieder da war. Peter aber schimpfte wie ein Rohrspatz auf diesen verflixten Esel und schaffte sich nun ein paar Pferde und einen neuen Brotwagen an. Der Esel musste gehen. Dies bedauerten besonders die Kinder aus der Nachbarschaft, denn solange der Esel bei "Peterbäcker" war, wurde jeden Abend großes Eselreiten abgehalten, woran Peter immer seinen besonderen Spaß hatte. Damit war es nun leider vorbei.
"Peterbäcker" und "Hermannschlachter" hatten nun beide Pferd und Wagen und nun war das Abklappern ihrer Kundschaft in ganz Breitenberg keine so ganz anstrengende und mühevolle Arbeit mehr. Um ihr Gefährt brauchten sie sich bald gar nicht mehr so ganz viel zu kümmern, denn die Pferde waren sehr bald so an ihre Strecke gewöhnt, dass sie ganz genau wussten, wo sie zu halten hatten und wann sie weiter gehen mussten. Besonders auf dem Heimweg, wenn ihre Herren einmal des Guten etwas zu viel genossen hatten und auf ihrem Kutscherbock vor Übermüdung einschliefen, wussten sie genau, welchen Weg sie zu gehen hatten um in ihren Stall zu kommen. Sie ließen ihren Herrn ruhig schlafen und fanden ganz alleine zurecht. Besonders das Pferd von "Hermannschlachter" hatte es sich angewöhnt, wenn es einmal mit seinem schlafenden Meister am verschlossenen Holztor zu Hause ankam, klopfte es so lange mit seinen Hufen an das verschlossene Tor, dass Hermanns Frau Tine kam, das Tor öffnete und Kutscher und Pferd in ihre Obhut nahm. Dann war alles in Ordnung. Eines Tages machte der damalige Ortspolizist Wilhelm spät in der Nacht noch einen Kontrollgang durch den Ort. Am Eingang zum Breitenburger Wald verweilte er eine Zeit lang. Da näherte sich auf der Chaussee aus dem Wald heraus ein Wagen ohne Beleuchtung und auf dem Kutscherbock saß ein Mann und schlief. Es war "Hermannschlachter", der seinen Kundschaftsbesuch in Breitenberg etwas überzogen hatte. Das Pferd wollte eilig in seinen gewohnten Stall. Da der Ortspolizist schon die Gewohnheiten des Pferdes kannte, folgte er eilig dem Gefährt und bevor nun das Pferd an das verschlossene Tor klopfen konnte, nahm er es am Zügel und führte es die Gärtnerstraße hinunter, den Weg ins Moor hinein, auf "Hermannschlachters" Pferdekoppel. Dort schirrte er das Pferd ab und ließ es grasen, Hermann ließ er auf seinem Wagen ruhig weiter schlafen. Nachdem der Beamte das Tor zur Koppel geschlossen hatte, ging er nach Hause. Am anderen Morgen, die Sonne stand schon hoch am Himmel, wachte Hermann auf. Verwundert schaute er sich um, wo er nun eigentlich war. Als er dann endlich begriff, dass er sich auf seiner eigenen Pferdekoppel im Moore befand, konnte er es nicht verstehen und es sich nicht zusammenreimen, wie er dorthin gekommen war. Erst geraume Zeit später, als Hermann diese Sache am Stammtisch erzählte, wo auch der Beamte mit zugegen war, klärte ihn dieser über das Geschehen in der betreffenden Nacht auf. Da war dann also das Rätsel gelöst.

Zu einer anderen Zeit war wieder einmal eine kleine Gesellschaft im Aukrug Kronsmoor bei Philipp Pfenning in lustiger Runde beieinander und es wurde lustig gezecht. Außer "Hermannschlachter" und "Peterbäcker" waren noch Hannes Kröger und ein Geschäftsmann mit von der Partie, alle aus Lägerdorf. Die Stimmung in dem kleinen Kreis war ziemlich ausgelassen, denn alle waren sie ganz schön trinkfeste Burschen. In diese fröhliche Runde platzte dann noch ein Lägerdorfer hinein. Es war der Fuhrunternehmer Johannes Thormann. Dieser hatte eine Beerdigung in Breitenburg gehabt und kam nun mit seinem Leichenwagen vorgefahren, um noch ein Gläschen Bier zu trinken. Man nötigte Johannes nun mit an den Tisch und die Trinkerei ging weiter. Keiner dachte so leicht an den Heimweg, denn man hatte die Zeit, und so sehr eilig hatte man es damals noch nicht. Mit der Zeit aber wurden sie alle immer lustiger und hatten sich schon ganz nett beschnasselt und schließlich dachte man dann aber doch an den Aufbruch und beriet nun, wie man wohl am ulkigsten nach Hause kommen könne. Da nun der Leichenwagen vor der Tür stand, kam man auf die Idee, man wolle einmal eine lustige Beerdigung veranstalten. Hannes Kröger packte sich auf den Leichenwagen und wurde fein säuberlich mit einem schwarzen Laken zugedeckt. Thormann setzte sich auf den Kutscherbock, "Hermannschlachter" folgte mit seinem Wagen und den Schluss machte "Peterbäcker" mit seinem Brotwagen. Und so setzte sich der Zug in Bewegung in Richtung Lägerdorf. In Lägerdorf angekommen durchfuhr man die Breitenburger Straße in langsamemTempo, "Hermannschlachter" zeigte mit seiner Peitsche immerfort hin auf die Leiche im Wagen und rief den neugierigen Leuten zu: "Könt ji em sehn, dor liggt he!" Sie dachten in ihrer Stimmung aber gar nicht daran, dass sie an der Wohnung des damaligen Gendarmeriewachtmeisters Ruhnke und auch am Kontor das Amtmannes Johannes Sötje vorbei mussten. Beide beobachteten von ihren Fenstern aus diesen sehr komischen Trauerzug, der zur Folge hatte, dass eine Anzeige wegen groben Unfugs fällig war. Angekommen bei der Centralhalle kletterte dann die Leiche quietsch vergnügt vom Wagen und es wurde fröhlich ob des gelungenen Streiches munter weiter gezecht. Das dicke Ende aber kam später in Form eines Strafmandates. 

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